Kaufen Sie sich eine Axt

Ich werde besser im Holzhacken. Holzhacken macht wach. Macht froh. Und am Ende ist die Bude warm. Manche sagen auch, Holzhacken ist ein perfektes Ventil für Wut. Man fokussiert etwas – und dann: zack! Natürlich klappt das nicht, wenn man danebenhaut. 

Gerade bin ich wütend. Und ich merke, dass es tatsächlich klappt! Holz auf den Hackklotz. Dann kurz konzentrieren – aber nicht zu lange zaudern – und entschieden zuhauen. Zack, geht das Ding durch. Es ist weniger eine Frage der Kraft als eine der Technik und des Selbstvertrauens. Je besser ich werde, desto öfter denke ich: Holzhacken ist eine Kunst! Das Heizen mit Holz im Ganzen ist eine Kunst. Vielleicht sollte sie wie die spanische Paella zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe werden. 

Früher hätte ich gedacht: zu viel Arbeit. Nervt. Dazu der Gedanke, dass nicht alles warm ist, was ich bewohne: vom Zimmer, in dem ich sitze, durch einen kalten Flur gehen müssen, um in einem noch kälteren Klo anzukommen. Ich kannte das von meiner Oma, wenn wir sie besuchten. Für uns war es der Inbegriff von Rückständigkeit. Teil einer ganzen Reihe von Dingen, über die sich meine Eltern gern lustig machten. Dass es bei meiner Oma nicht in allen Zimmern gleich sauber war, dass es bei ihr noch Hühner gab und so weiter. Ich bin aufgewachsen in gleichmäßig beheizten Räumen. Wir spürten die Wärme als solche eigentlich gar nicht. Sondern lebten in einer gleichmäßigen unfühlbaren Wärme. Ich gehörte – könnte man so sagen – zur ersten Zentralheizungsgeneration. 

Hin und wieder geraten Angehörige der Zentralheizungsgenerationen wieder in die Holzofenzone. Mir passierte das, als wir anfingen, unser Haus zu renovieren. Es ist ein älteres Haus und hat, wie manche älteren Ladies, seine Zicken. Wenn man meint, man könnte nur eine kleine Liaison mit ihr haben und ein bisschen „Schöner Wohnen“ machen, irrt man sich. Weil wir ernsthaft Feuchtigkeit hatten, mussten wir einen neuen Bodenaufbau machen, und weil wir schon dabei waren, bauten wir eine gasbetriebene Fußbodenheizung ein. Fußbodenheizung plus Öfen. Hörst sich nach Luxus plus Gemütlichkeit an. 

Die Realität war aber erstmal eine andere. Weil man im Haus noch nicht wohnen konnte, besorgten wir einen Bauwagen. In den baute mein Mann ein Kanonenöfchen ein. „Damit wir es erstmal warm haben“, sagte er. Falls es mit dem Haus doch länger dauert. Es dauerte länger. Aber fürs Erste hatten wir drei mal zweieinhalb Meter und ein Kanonenöfchen. Auch im Winter. Klingt krass. Und das war es auch. 

In dieser Zeit jedenfalls merkte ich, dass Räume, in denen ich mich aufhalte, nicht die ganze Zeit beheizt sein müssen. Dann beißt es zwar mal. Aber umso schöner ist es, wenn man aus der Kälte in eine mollige Wärme kommt. Diese Wärme umfängt einen dann wie etwas Wohliges, sehr Freundliches. Man legt sich förmlich hinein in diese Wärme. Rote Wangen, Bierchen auf, Freude. Weil der Ofen aber irgendwann wieder aus ist, ist es morgens, wenn man aufsteht, dann wieder recht frisch. Vor allem dann, wenn es draußen minus sieben hat.

Als wir das Haus so weit hatten, dass es so etwas wie einen Wohnraum gab, drehten wir unsere tolle Fußbodenheizung an. Sie war das Modernste, was ich an Heizung in meinem Leben je hatte. Wir können sie von unseren Handys aus ansteuern und jederzeit sehen, was sie macht. Du gehst auf die Heizungsapp, und dann steht da: „Hallo! Ihrer Heizung geht es gerade gut.“ Ich kann ablesen, wie viel Grad es gerade hat und kann die Wunschtemperatur einstellen. Ich kann sogar aus der Ferne bestimmen, dass es 20 Grad warm sein soll, wenn ich ankomme. Außerdem kann ich ständig unseren Verbrauch kontrollieren. Was will man mehr? Ja, was eigentlich?

Zugegeben, wir hatten uns riesig gefreut auf den Komfort. Hatten die Fußbodenheizung auf 21 Grad dirigiert, schön Abendbrot eingekauft. Und dann? Eine lauwarme Fläche unter den Füßen. Wir saßen am Tisch und es war warm, aber irgendwie nicht toll. Die Fußsohlen heizten sich komisch auf, ich fing an, im Schneidersitz auf dem Stuhl zu sitzen. Irgendwie tat diese Heizung zugleich zu viel und zu wenig für mich. Gerade in diesem Moment, beim Essen, hätte ich es gern kuschelig gehabt. So ein kleines Fest der Wärme am Abend. Aber die Wärme lag um uns herum wie handwarmer Kakao, während wir ratlos mit erwärmten Fußsohlen bei Wein und Entrecote saßen. 

Zugleich empfand ich es als eine furchtbare Verschwendung, dass unsere Wohnküche die ganze Zeit lauwarm blieb, auch nachdem wir längst ins Bett gegangen waren. Klar regelt sich die Temperatur über Nacht ein bisschen runter – aber nur langsam. Bekannte, die auch Fußbodenheizung haben, sagen immer, es lohne sich gar nicht, die Heizung weit runterzufahren, denn irgendwie käme es teurer, sie wieder „hochzuheizen“, als wenn man gleich ein bestimmtes Wärmelevel hält. Das Ergebnis ist ein ständig halbwarmes Haus. Halb warm – auch wenn die Leute weg sind. Um Wärme zu spüren, heizen sie ihre Räume dann auf wie die Irren, wenn sie sich wohl fühlen wollen. Und das verstehe ich auch. 

Wir jedenfalls fingen sofort an, im Haus die Öfen zu heizen. Die Idee der Zentralheizung als erste Geige im Orchester und die Öfen als Surplus war sofort obsolet. Wir machten es umgekehrt und setzten die Fußbodenheizung als eine Art Frostwächter ein. Auf sieben Grad eingestellt, hält sie den Boden trocken und verhindert, dass Leitungen einfrieren. Darüber hinaus machten wir wieder Feuerchen. Vor allem war es im Grunde ein Ofen, den wir beheizten, nämlich die Kochmaschine in der Küche, ein Kachelofen, auf dem man auch kochen kann. Mehr schafften wir nicht – und mehr brauchten wir meistens auch gar nicht. 

In dieser Zeit lernte ich die anderen Dimensionen des Holzheizens kennen. Peinlich, aber so war es halt: Am Anfang glaubte ich, die Mühe bestünde darin, das Holz reinzutragen. Holz rein, Feuer machen, Asche raus. Aber eines Tages gingen die Holzvorräte im Schuppen zur Neige. Damit fing ein neues Kapitel an. Das Holz machen. Unser Glück war, dass unübersichtlich viele Verwandte meines Mannes gemeinsam ein Waldstück aus der Wirtschaft seiner Großeltern aus dem Nachbardorf geerbt hatten. „Waldstück“ heißt: Robinie, Kiefer, Brombeere. Das Ganze hat nur die Größe eines Kartoffelackers. Trotzdem macht sein Besitz Arbeit. Nach jedem Sturm muss jemand nach dem Rechten schauen. Jedes Mal hängen irgendwelche Bäume auf halb acht, wenn man Pech hat, direkt überm Weg. Ich hatte mir nie klar gemacht, welche Action es bedeutet, auch nur einen umgekrachten Baum rauszuholen. Nicht dass ich selbst je einen zersägt hätte. Das große Ding mit den Kettensägen machen die Jungs, die es können, und das ist schon in Ordnung so. Aber allein die Handlangerarbeiten, Äste ab, Stammteile auf den Hänger laden und so weiter, reicht aus, um endlich den Spruch zu verstehen: Beim Heizen mit Holz wird einem drei Mal warm. 

Nach dem Abladen kommt´s aber erst: Die Stammteile müssen mit einem Spaltkeil gespalten werden. Danach schichtet man sie auf, damit sie trocknen. Heraus kommen diese Holzstapel, die man aus russischen Filmen kennt. Wenn man es richtig macht jedenfalls. Man muss nämlich ziemlich sorgfältig sein. Wer in den unteren Etagen seines Stapels schlampt, dem kommen in den oberen Etagen die Scheite entgegen. Man sieht´s auch einfach. Ein schlampig gestapelter Stapel beleidigt das Auge zwei Sommer lang. Ein schön gestapelter dagegen ist eine Wonne. Nur Holzstapler, glaube ich, haben ein Auge für die Schönheit von Holzstapeln. Plötzlich fielen mir, wenn ich Auto fuhr, überall Holzstapel auf. Die Schönsten habe ich in Hohenlohe gesehen. Es gab welche, die waren in Veranden von Fachwerkhäusern integriert und mit Wein berankt.

Kürzlich guckte ich mir das alte Hochzeitsfoto meiner Schwieger-Großeltern an. Eine Doppelhochzeit, weil die Zeiten mager waren. Zwei Bräute mit ihren je etwas kleineren Männern vor einem Hintergrund, der mit bloßem Auge nicht gut erkennbar ist. Ich zoomte ran. Und sah: Es war ein bildfüllender Holzstapel!

Ich selber stellte mich beim Holzmachen gar nicht gut an. Angst vor der Kettensäge! Verständlich. Angst vor der Axt! Wir mussten eine Kleinere für mich kaufen. Was Unsinn war – man braucht den langen Stiel zum Schwung holen. Was ich dann auch bald eingesehen habe. Als ich mich überhaupt das erste Mal ans Holzhacken traute, lief alles schief. Ich stellte mich breit vor dem Hackklotz auf, holte Schwung, bremste aber ab, bevor die Klinge ins Holz fahren konnte, sie rutschte mir weg, sie blieb mir stecken. Das ganze Repertoire. Ich argumentierte, dass ich zu wenig Kraft hätte zum Hacken. Aber es half nichts. Irgendwann war ich lange allein im Haus – und musste hacken. 

Langsam – ganz langsam – werde ich besser. Ich treffe häufiger. Inzwischen macht es mir sogar schon Spaß. Ich mag, für die Wärme, die ich genieße, etwas getan zu haben. 

Am Holzheizen und Holzmachen schätze ich seine Maßstäblichkeit. Wer Holz spaltet, stapelt, hackt, ins Haus holt und einen Ofen beheizt, wird niemals viel mehr als zwei oder drei Räume auf Wohlfühltemperatur hoch heizen. Vielleicht leistet man sich, wenn es saukalt ist, auch ein bisschen Wärme in den Schlafzimmern, mit einem Kachelofen zum Beispiel. Wie unterschiedlich die Gewohnheiten im Umgang mit Wärme sind, merkte ich, als die Energiekrise kam. Ich las die Spartipps: „Versuchen Sie es doch mal mit nur 17 Grad im Schlafzimmer. Sie werden sehen, es geht!“ 17 Grad?? Ich guckte auf mein Thermometer, da wo ich schlafe: 12 Grad. „Oh, Gott, das schimmelt dann doch!“, höre ich. Aber nein, gar nichts schimmelt. Eine Freundin erzählte mir, sie müsse die Schlafzimmer heizen, weil sich wegen ihrer Dämmung sonst Schimmel bildet. Das leuchtet mir nicht ein. Ich soll dämmen, damit ich dann heizen muss, damit es nicht schimmelt?

Ich mag, dass die Maßstäblichkeit beim Holzheizen schon in der Sache selbst angelegt ist. Nicht irgendwer legt einen Sparplan auf – und ich drehe maulend die Heizung runter. Sondern ich heize nur so viel, wie ich schaffe. Ich werde auch nicht mehr Holz aus dem Wald holen, als die Kräfte hergeben. 

Und beim Heizen kriege ich mit, was da für mich verbrennt. Pathetisch gesagt: Ich kriege den Kreislauf mit. 120 bis 200 Quadratmeter Wohnfläche im Winter konstant auf 17 bis 23 Grad zu beheizen, würde niemandem einfallen, der seine Energie mit eigenen Händen ins Haus trägt. Eine Shoppingmall großflächig zu beheizen – undenkbar! 

Zugleich ist diese Maßstäblichkeit schön. Sie bringt Formen hervor, die menschlichen Maßen entsprechen. Die Holzstapel zum Beispiel, die nie tiefer als einen Meter sind, weil man längere Stammteile nicht spalten könnte. Und sie sind meist so hoch, dass man mit dem Arm herankommt. Welcher Öltank, welche Wärmepumpe wäre je Teil der Haus- oder Gartengestaltung? 

Das Prinzip des Holzofenheizens ist das Gegenteil des Prinzips der Zentralheizung. Das Ofenprinzip ist: Was mit dem Heizen zusammenhängt, sehe ich vor mir. Das Prinzip Zentralheizung ist: Ich sehe von der Wärmeerzeugung nichts, – und will möglichst auch nichts sehen.

Ich bin wütend, weil das Holzheizen dieser Tage miesgeredet wird. Bis vor kurzem noch galt das Heizen mit Holz als klimaneutral. Warum? Weil der Rohstoff Holz nachwächst. Anders als fossile Brennstoffe wie Kohle, Gas oder Öl es tun. Aber auch, weil Bäume im Laufe ihres Wachstums CO2 aus der Luft aufnehmen, und dieses CO2  wieder abgesben, wenn sie verrotten – oder eben verbrennen. Das Wort „klimaneutral“ fand ich immer schon seltsam. Ich würde es schlichter ausdrücken und sagen, dass das Holzheizen die Chance bietet, bezüglich des CO2  eine ausgeglichene Bilanz hinzukriegen. Und zwar dann, wenn tatsächlich so viel Holz nachwachsen kann wie geschlagen wird. Diese Chance könnte dafür – wenn man es sich mal auf der Zunge zergehen lässt – etwas wirklich Wesentliches bedeuten. Es hat mit der Maßstäblichkeit zu tun, von der ich gesprochen habe. 

Wütend macht mich, dass gerade dieser Tage Debatten laut werden, in denen ausgerechnet das Umweltbundesamt das Holzheizen mit Öfen abschussreif diskutiert.[1] Die Argumentation ist so verdreht und weltfremd, dass man eine Weile braucht, um sie zu verstehen. Sie geht so: Zwar stimme die alte Argumentation: Baum-wächst-bindet-CO2 , Baum-verbrennt-CO2 -wird-wieder-freigesetzt. Besser sei jedoch, der zweite Teil der Gleichung – also das Freisetzen von CO2 – entfiele so weit als möglich. Denn der Wald müsse in der Zukunft weit mehr CO2 binden als heute, um andere Emissionen wettzumachen, damit wir die Klimaziele erreichen.

 Wer schon mal einen Wald von innen gesehen hat, weiß aber, dass Bäume dort nicht nur wachsen, sondern auch vergehen. In einem Wald fällt Totholz an. Äste, Stämme, ganze Bäume, die der Sturm gefällt hat oder die schlicht eingegangen sind. Ein Teil dieses toten Holzes sollte unbedingt im Wald verbleiben, jedenfalls dann, wenn wir einen Wald haben wollen, in dem Insekten, Pilze, Mikroorganismen ihren Lebensraum haben. Im Sinne von Nachhaltigkeit möge man einen Wald also bitte ebenso wenig auf seine CO2 -Speicherfunktion reduzieren, wie auf irgendwelche anderen Funktionen.

Zugleich fällt Holz an, das aus dem Wald herausgeholt werden muss. Wir denken an den Borkenkäfer, der dieser Tage eine traurige Rolle spielt. Waldbesitzer müssen die Aufgabe wuppen, dieses Schadholz zu schlagen, während sie zugleich den Waldumbau leisten müssen. Das alles sollen sie jetzt stemmen – und dürfen das Schadholz noch nicht mal mehr als Feuerholz verkaufen. Wenn man noch ein paar Menschen, gerade auf dem Land, der AFD in die Arme treiben will, würde ich sagen, ist die Strategie gut gewählt. Aber es geht noch weiter: Statt Holz als Brennholz zu schlagen, empfiehlt das Umweltbundesamt, es für „langlebige“ Produkte wie Möbel oder Bauholz zu nutzen. Ich bin gerne dabei! Aber erstens: Wer schon mal einen Stamm aufgesägt hat, der weiß, dass nur bestimmte Bäume sich dazu eignen. Aus krummgewachsenen Bäumen wird niemals ein gerades Brett. Geschweige denn eins, das den Anforderungen an Bauholz oder gar Möbelholz entspricht. Und zweitens: Haben Sie schon mal versucht, einen umgestürzten Baum aus ihrem Garten zu diesem Zweck zu verkaufen? Oder auch nur aufsägen zu lassen, um ihn selbst zu verarbeiten? Ich nehme es gleich mal vorweg: Es gelingt Ihnen nicht. Denn es gibt – zumindest in unserer Region – lokal gar keine Sägewerke mehr. Beim Versuch, Bauholz aus regionalen Forsten zu bekommen, haben wir uns die Hacken abgelaufen. Kaufen konnten wir Holz aus Osteuropa oder von Übersee. Aber wenn mir jemand einen umgekippten Baum aus „unserem“ Wäldchen zur „langlebigen Verarbeitung“ abkauft, gebe ich ihn gerne her!

Zum guten Schluss rät die Behörde, die Politik möge das Heizen mit Holz mit weitgehenden Restriktionen belegen.  Das geht los bei einem Ende der Förderungen aller Arten von Holzheizungen und reicht bis hin zu Einbau- und Betriebsverboten. Im selben Atemzug empfiehlt sie  – Überraschung – Häuser, auch alte Gebäude, mit Wärmepumpen auszustatten, wo immer es irgend geht.

Ich neige nicht zu Verschwörungstheorien. Das liegt daran, dass ich zu sehr an menschliche Unzulänglichkeit glaube und zu wenig an den gelungenen Komplott. Aber das Ganze hat einfach einen  Beigeschmack. Dass das Umweltbundesamt just dann, wenn ein Gebäudeenergiegesetz auf den Weg gebracht wird, das Millionen von Haushalten eine Wärmepumpe verordnet, eine Erklärung abgibt, die just die gleiche Technologie empfiehlt? Und zugleich eine Form des Heizens verbietet, die es möglich macht, unabhängig von teuren Technologien zu heizen? 

Wirklich wütend macht mich, dass Leute ernsthaft davon reden, den Planeten retten zu wollen – und dazu ein Heizsystem verordnen, dem jede Maßstäblichkeit fehlt. Ich habe nichts gegen die Technologie von Wärmepumpen. Oder anders gesagt, ich habe keine Ahnung davon. Jedenfalls bin in ich voller Vertrauen in die Ingenieursarbeit. Gut möglich also, dass das eine bedenkliche Kühlmittel bald durch ein anderes, weniger bedenkliches ersetzt werden kann. Entscheidender finde ich, dass die „Energiewende“, in der wir stecken, vom massenhaften und ausbeuterischen Verbrauch der einen Energie auf den massenhaften und ausbeuterischen Verbrauch einer anderen Energie umsattelt. Den Raubbau an Rohstoffen, überhaupt an Natur zu beenden, wäre eine so wichtige Sache. Verbleibt die „Wende“ aber in einem System, das auf stetig expandierenden Märkten und stetig wachsendem Konsum beruht, geht der Raubbau einfach nur weiter und schraubt sich weiter voran. Der Konsum – auch der von Energie – wird durch nichts in ein Gleichgewicht gebracht. Im Gegenteil. Es werden weiter ganze Etagenwohnungen, Messehallen, Möbelhäuser und Showrooms für Dunstabzugshauben vollbeheizt. Dazu wird es viel – sehr viel – Elektrizität brauchen. Nicht zu vergessen, der Strom der nötig ist, um die Verkehrswende ins Rollen und die Digitalisierung in Schwung zu bringen. 

Statt Öl und Gas werden dazu Rohstoffe ausgebeutet, die nötig sind, um die grüne Energie zu erzeugen, sie zu speichern oder von einem Aggregatzustand in den anderen zu bringen. Kobalt und Lithium, Gallium, Germanium oder Niob. Namen, die sich in unseren Ohren jetzt noch anhören wie aus Asterix und Obelix oder aus der Bibel. Schon jetzt ist klar, dass manche von ihnen bereits heute knapp sind. „Besonders kritische Rohstoffe“ nennt sie eine Studie des „Kiel Institut für Wirtschaft“, die gerade erforscht hat, welche neuen Abhängigkeiten dabei entstehen. [2]

Derweilen müssen, damit die Party weitergeht, all die technischen Geräte, die Dämmungen für die energetischen Sanierungen, die Photovoltaikfelder und Windkraftanlagen nicht nur hergestellt – sondern auch entsorgt werden. Mit entsprechendem Ressourcenverbrauch, mit entsprechenden Emissionen. Mit entsprechenden Müllbergen, die weiter wachsen, höher und giftiger denn je. Das ist die Seite der Medaille, die nicht wirklich miterzählt wird. Und wenn im Winter der Strom aus den sauberen Energiequellen nicht ausreichen, muss Kohle verbrannt werden, um ihn zu erzeugen. Schon jetzt wird – um der Energiewende willen – in steigendem Umfang Kohle verstromt.

Der Bauer wird derweilen für dumm verkauft. Man sagt ihm: Schau mal, aus deinem Schornstein kommt gar kein Rauch mehr heraus! Das ist jetzt die saubere Energie!

Allen, die das nervt, empfehle ich: Kaufen Sie sich eine Axt! Aber eine große. Besorgen sie Holz, irgendwoher! Irgendwas werden Sie finden. Nehmen Sie die Axt, holen Sie Schwung und hauen Sie zu! Es hilft, wirklich. 


[1] Umweltbundesamt: „Holzheizungen: Schlecht für Gesundheit und Klima“, Stand 21.4.2023, unter: https://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/emissionen-von-luftschadstoffen/quellen-der-luftschadstoffe/holzheizungen-schlecht-fuer-gesundheit-klima#undefined (abgerufen am 16.5. 2023).

[2] Godart, O., Abel, P.; Bode, E., Heimann, T., Herrmann, C.; Kamin, K., Peterson, S., Sandkamp, A. (2023): Resilienz der Langfrist- strategie Deutschlands zum Klimaschutz, Kiel Institut für Weltwirtschaft,  unter: https://www.wissenschaftsplattform-klimaschutz.de/files/WPKS_Studie_Resilienz_Mai2023.pdf (abgerufen am 16.5.2023).

30. Mai 2023